Unser Verbandsarzt Dr. E. Diezemann legt allen Sportlerinnen und Sportlern diesen ausführlichen Bericht von C. Krapf ans Herz. In der Neuen Zürcher Zeitung (12.04.2022) beschreibt er ausführlich, was nach Corona- oder auch Grippe-Infektionen zu beachten ist. Nach wie vor gibt es Erkrankungen, so Dr. Diezemann, auch wenn die Zahlen derzeit zum Glück extrem niedrig sind. Doch insbesondere, wenn man Sport treibt, sollte man einiges beachten. Vielen Dank an unseren Doc für den tollen Bericht.
Ich hatte Corona und möchte wieder ins Training einsteigen – was muss ich beachten?
Kaum genesen, schon wieder in der gewohnten Intensität Sport treiben? So einfach ist das Comeback nach einer Covid-Erkrankung nicht.
Die Corona-Infektion ist überstanden, der Test negativ, das Wetter schön und der Drang nach sportlicher Aktivität gross. Doch simpel ist die Rückkehr zum normalen Trainingsalltag für Freizeitsportlerinnen und Freizeitsportler nicht; vielmehr ist Geduld gefragt – auch wenn momentan ein grosser Teil der Erkrankungen milde verläuft. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Comeback nach Covid.
Auch wenn die Quarantänepflicht abgeschafft worden ist, empfiehlt Patrik Noack, Chief Medical Officer von Swiss Olympic, bei einem positiven Test eine Sportpause von mindestens fünf Tagen einzulegen. Das gilt auch bei einer mild oder asymptomatisch verlaufenden Corona-Erkrankung. «Ausserdem sollte man vor dem Wiedereinstieg ins Training mindestens 48 Stunden symptomfrei sein», sagt Noack. Ausnahmen von dieser Regel sind Geschmacks- und Geruchsverlust sowie der sogenannte postvirale Reizhusten, der einen oft noch mehrere Tage oder Wochen nach einer Infektion plagt.
Fünf Tage Pause und keine Symptome seit 48 Stunden – das gilt nicht nur nach einer Corona-Erkrankung, sondern auch nach einer starken Erkältung oder einer Grippe. Noack sagt: «Startet man zu früh oder noch mit Symptomen mit dem Training, droht man einen Infekt zu verschleppen.» Dann dauert es in der Regel länger bis zur vollständigen Genesung. Hinzu kommt wie bei jedem Infekt die Gefahr von Komplikationen mit dem Herzen oder der Lunge. Ausserdem deuten verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen darauf hin, dass das Risiko, an Long Covid zu leiden, steigt, wenn man sich nach einer Erkrankung zu wenig schont.
Kann ich mein Training wie gewohnt weiterführen?
Swiss Olympic hat für die Rückkehr zum Sport nach einer Covid-Erkrankung einen Leitfaden entwickelt und empfiehlt ein fünfstufiges Modell zum Wiedereinstieg. Nach einer mindestens fünftägigen Trainingspause wird die Belastung sukzessive von Stufe zu Stufe gesteigert. Es geht darum, vorsichtig die Herzfrequenz und die Dauer des Trainings immer weiter zu erhöhen und die Reaktion des Körpers darauf zu beobachten.
Der Sportarzt Noack vergleicht den Wiederaufbau mit einem «Leiterlispiel». Fühle man sich nach einem Training gut, könne man nach zwei bis drei Tagen bedenkenlos zur nächsten Intensitätsstufe wechseln.
Umgekehrt gilt: «Fühlt man sich nach dem Training oder am Tag darauf schlechter als sonst, dann sollte man eine Stufe absteigen und einige Tage warten», sagt Noack. Warnsignale für eine zu hohe Belastung können Kurzatmigkeit, deutlich grössere Müdigkeit nach dem Training oder ein erhöhter Ruhepuls sein.
Gerade für ambitionierte Hobbysportlerinnen und Hobbysportler, die sich auf einen Wettkampf vorbereiten, ist die langsame Steigerung der Intensität schwierig auszuhalten. Man sollte trotzdem erst wieder Sport treiben, wenn man im Alltag keine Beschwerden mehr verspürt. Noack sagt: «Ich staune manchmal, wenn Patienten schon wieder trainieren wollen, aber beim Treppensteigen immer noch ausser Atem geraten.» In solchen Fällen sei ein gemütlicher Spaziergang das bessere Mittel als Sport.
Geduld ist auch gefragt, wenn ein Wettkampf unmittelbar bevorsteht. Swiss Olympic empfiehlt, frühestens 17 Tage nach dem lockeren Wiedereinstieg auf der ersten Stufe wieder Wettkämpfe zu bestreiten.
Welche Sportarten sind besonders geeignet für den Wiedereinstieg?
Ideal sind Ausdauersportarten wie Velofahren, Joggen, Schwimmen oder Walking. Gestartet wird zunächst bei niedriger Intensität, die Herzfrequenz sollte unter 70 Prozent des Maximalpulses liegen. Als Faustregel sollte man auf den ersten Stufen noch locker miteinander sprechen können während des Sports. Noack empfiehlt nicht per se die Verwendung einer Pulsuhr, sondern rät, die Reaktion des Körpers während des Trainings sowie am Tag darauf zu beobachten.
Nicht nur die Intensität, sondern auch die Dauer des Trainings wird langsam gesteigert. Eine Viertelstunde lockeres Joggen genügt in den ersten Tagen nach überstandener Corona-Infektion. Ausserdem sollte in den ersten Stufen des Swiss-Olympic-Modells auf Krafttraining verzichtet werden. Es spricht allerdings nichts gegen leichte Kraft- und Stabilisationsübungen mit dem eigenen Körpergewicht, die man bequem daheim ausführen kann.
Von Intervalltrainings rät Noack hingegen ab. Ebenso von Sportarten mit hohen Belastungsspitzen, etwa intensivem Squash, Badminton oder Tennis.
Ist es sinnvoll, dass ich mich vor dem Wiedereinstieg sportärztlich untersuchen lasse?
In der Regel ist keine ärztliche Abklärung nötig, solange man keine Beschwerden verspürt und sich gesund fühlt. Der Sportmediziner Noack empfiehlt eine Untersuchung allerdings ambitionierten Hobbysportlerinnen und Hobbysportlern, die mehr als zehn Stunden pro Woche trainieren und/oder sich auf einen Wettkampf vorbereiten möchten.
Wer im Alltag noch immer Beschwerden verspürt, etwa beim Treppensteigen, sollte sich ebenfalls untersuchen lassen und mit der Rückkehr zum Sport zuwarten, bis diese Nachwirkungen abgeklungen sind.
Ich hatte engen Kontakt mit einer infizierten Person, verspüre aber keine Symptome. Kann ich trotzdem Sport treiben?
Bei einem negativen Selbsttest sind in solchen Fällen keine Einschränkungen im Training nötig.
Ich habe gehört, dass auch eine milde Covid-Erkrankung eine Herzmuskelentzündung auslösen kann. Auf welche Symptome muss ich beim Sport achten?
Sucht man im Internet nach Corona und Sport, landet man dank «Dr. Google» schnell beim Schreckgespenst Myokarditis, einer Herzmuskelentzündung. Symptome davon können Brustschmerzen, Atemnot, ungewöhnlich starke Abgeschlagenheit oder Herzstolpern sein. Im schlimmsten Fall führt eine nicht erkannte Herzmuskelentzündung zu bleibenden Schäden am Herzen oder sogar zum plötzlichen Herztod.
Ein Trainingsabbruch und ein Besuch beim Arzt sind laut Noack angezeigt, wenn Beschwerden wie Brustschmerzen oder Stechen immer nur während der Belastung auftreten, also mutmasslich durch diese ausgelöst werden. «Ein Warnsignal ist auch, wenn sich der Schmerz nicht mit Druck oder Dehnen der betroffenen Stelle lindern lässt», sagt Noack. Klingen die Beschwerden nach dem Dehnen oder Drücken hingegen ab, liegt das Problem mit grosser Wahrscheinlichkeit in der Muskulatur, den Rippen oder der Brustwirbelsäule.
Meine Covid-Infektion liegt mehrere Monate zurück, ich fühle mich aber immer noch nicht richtig fit. Was muss ich mit Long Covid beim Sport beachten?
Die normale Müdigkeit nach einem langen Arbeitstag lässt sich oft wegjoggen. Noack sagt: «Patientinnen und Patienten, die an Long Covid leiden, verspüren aber nicht diese ‹schöne Müdigkeit› nach einem Training.» Betroffene Personen erleben vielmehr eine bleierne Erschöpfung nach dem Sport und auch im Alltag.
Noack vergleicht die Auswirkungen von Long Covid mit einem Übertraining. Betroffene Sportlerinnen und Sportler erreichten den Maximalpuls nicht mehr. «Wie bei einem Auto, dessen höhere Gänge plombiert sind», sagt Noack.
Bei Sport mit Long Covid ist ein gutes Körpergefühl gefragt, die Form ist noch stärker als sonst tagesabhängig. Noack sagt, Bewegung wirke sich positiv auf den Verlauf von Long Covid aus. «In solchen Fällen stehen aber die Fitness und die Gesundheit im Vordergrund – und nicht ambitioniertes Training oder Wettkämpfe.»